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Familienpsychologische Gutachten

Sind Befundtatsachen und Zusatztatsachen in einem Gutachten zu erheben

Sind Befundtatsachen und Zusatztatsachen in einem Gutachten zu erheben? Die Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung in Berlin hat sich hiermit auf Anfrage eines Abgeordneten auseinandersetzen müssen (im Zusammenhang mit Anknüpfungstatsachen), also auch auch die Frage, ob Befundtatsachen und Zusatztatsachen zu berücksichtigten sind:

Befundtatsachen sind weitere tatsächliche Informationen, die aus der Sicht der/des Sachverständigen für das Gutachten relevant sind. Dafür kann die/der Sachverständige im Beweisbeschluss oder später durch das Gericht ermächtigt werden, Informationen bei Dritten einzuholen. Die Befundtatsachen und ihre Informationsquellen sind Bestandteil des Gutachtenauftrags und im Gutachten offenzulegen, um die Überprüfung zu ermöglichen.

Zusatztatsachen sind Informationen, die mit dem Gutachten in keinem Zusammenhang stehen und die Sachverständigen beiläufig bekannt geworden sind. Hier kommt eine Schweigepflicht der Sachverständigen in Betracht.

Quelle: Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksacke 19/12 429, Anfrage vom 24.06.2022, Antwort vom 15.07.2022

Die Anfrage des AfD-Abgeordneten Tommy Tabor basiert offenkundig auf meiner Arbeit. Dies ergibt sich aus dem Zitat der nichtveröffentlichten Entscheidung des OLG München, Familiensenate Augsburg, Az. 30 UF 232/15.

Diese Auffassung von mir wird auch von Salzgeber weitgehend geteilt (Josef Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, 8. Auflage 2024, Rn. 221 und 222).

Das bedeutet aber nicht, dass nicht recht oft gleichwohl auch GWG-Gutachter dies anders handhaben. Eltern sollten daher prüfen, ob sie Schweigepflichtsentbindungen erteilen oder diese ggf. später zurückziehen.

Die richterliche Unabhängigkeit und die Transparenz der Datenerhebung (und der erhobenen Dateninhalte!) bleibt zu schützen. Dies kann nur gelingen, wenn Befundtatsachen und Zusatztatsachen in einem Gutachten nicht durch den Gutachter erhoben werden, sondern durch das Gericht anzuordnen.

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