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Familienpsychologische Gutachten

Datenminimierung und Gutachten

Datenminimierung, also die früher Datensparsamkeit genannte Vorsicht beim Erheben von Daten, gilt auch in Gutachten. Vielerorts wird diskutiert, dass Sachverständige nicht oder ohne Einwilligung keine Daten erheben dürfen, insbesondere soweit eine Verweigerung der Zustimmung zur Begutachtung vorliegt.

Oftmals wird hierfür die DSGVO angeführt, die in vielen Teilen die konkrete oder konkludente Einwilligung in die Datenverarbeitung fordert.

Grundsatz: Sachverständiger darf Daten nach DSGVO erheben

Grundsätzlich darf ein Gutachter auch Daten nach DSGVO für sein familienpsychologisches Gutachten erheben. Denn er ist nicht nur berechtigt, sondern einzelgesetzlich zur Begutachtung verpflichtet. 1vgl. §407 ZPO

Grundsätzlich müssen Gutachter in Verfahren das Gutachten erstellen, was sich aus §30 I FamFG i.V.m. §407 ZPO ergibt. Daher liegt ein Rechtfertigungsgrund nach Art. 6 I 1 c. DSGVO vor. 2vgl. Weber in Auswirkungen der DS-GVO für Berufsbetreuer und Sachverständige in Kindschaftssachen in NZFam 2018, 865

Merke: Gutachter dürfen also, selbst wenn man der Begutachtung nicht zustimmt, ein Gutachten erstellen und Daten verarbeiten.

Michael Langhans, Volljurist und Gutachtenskritiker

Alles andere wäre auch widersinnig. Soll ein Mörder der DNA-Verwertung widersprechen können, die ihn überführt?

Aber: Daten sparen wegen Datenminimierung und Gutachten

Gleichwohl dürfen Gutachter nicht gegen das Prinzip der Datenminimierung und Gutachten verstoßen. Danach sind nur solche Daten zu erheben, die für die Erfüllung des Beweisauftrags notwendig sind. Besondere Vorsicht ist bei besonderen Daten i.S. Art. 9 DSGVO einzuhalten:

Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.

Art. 9 DSGVO

Diese Frage ist dem EuGH für das Arbeitsrecht nach Art. 267 AEUV vorgelegt. Wie dieser entscheidet, ist unklar.

Den Umfang des Gutachtens bestimmt der Beweisbeschluss als Gutachterauftrag. Alles, was darin nicht gefragt ist, hat nicht erhoben zu werden. Dies gilt umso mehr, als dass obige Aspekte des Art. 9 DSGVO umfasst sein könnten. Die Datenminimierung steht dem insoweit ebenso entgegen wie das erheben solcher besonderen Daten.

Gutachten, die die Nachbarschaft ausforschen, können ebenso unzulässig sein und einen Berichtigungs-/Löschungsanspruch auslösen wie falsche Daten. Dies gilt aber auch für Daten, die das Gericht erheben und bewerten muss (Lebensumfeld der Kinder als reale, nicht psychologische Komponente).

Eine Antwort auf „Datenminimierung und Gutachten“

[…] DSGVO und FamFG sind in dieser Verbindung Themen, die bisher kaum kommentiert und beachtet sind. Entsprechend viele Gerüchte gehen hinter der Hand herum, wie man mit der DSGVO familienpsychologische Gutachten nach FamFG aushebeln könne. Der Verfahrensbeistand dürfe ebenfalls keine Akteninhalte sammeln. Was ist dran an diesen Meinungen? Gibt es die Möglichkeit, mit DSGVO und FamFG Gutachten zu verhindern und Verfahren zu ändern? Und wird ein Gutachten anfechtbar durch Verstoß gegen die Datenminimierungspflicht? […]

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